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Das Allmachtsparadoxon

Wenn Menschen die Verwüstung in Gaza sehen, stellt sich oft die Frage: Wenn Gott allmächtig ist, warum lässt er das zu? Es ist das uralte Problem des Bösen, verschärft durch Bilder von unter Trümmern begrabenen Kindern und Familien, die Verluste beklagen, die zu groß sind, um benannt zu werden. Philosophen haben das Problem einst abstrakt formuliert: Kann Gott einen Stein erschaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht heben kann? In Gaza ist das Paradoxon nicht länger akademisch. Es ist greifbar. Wenn Gott das Töten beenden kann, warum tut er es nicht?

Der Koran und die breitere abrahamitische Tradition bieten eine überraschende Antwort: Gott handelt nicht auf eine Weise, die seinen eigenen offenbarten Prinzipien widerspricht. Seine Macht ist grenzenlos, aber seine Gerechtigkeit ist prinzipientreu. Der Allmächtige ist kein Tyrann, der die Moral seinem Willen unterwirft; vielmehr will er nur das, was mit der von ihm verkündeten Gerechtigkeit und Barmherzigkeit übereinstimmt. Dies ist das Allmachtsparadoxon: Gottes Stärke zeigt sich nicht darin, seine eigenen Gesetze zu brechen, sondern darin, sie aufrechtzuerhalten, selbst wenn das menschliche Böse ungebremst bleibt.

Göttliche Selbstbeschränkung: Der Preis der Konsequenz

Der Koran verkündet:

Wer eine Seele tötet… es ist, als hätte er die gesamte Menschheit getötet. Und wer eine rettet, es ist, als hätte er die gesamte Menschheit gerettet.
- Al-Ma’idah 5:32

Die jüdische Tradition spiegelt dies in der Doktrin des Pikuach Nefesh wider – die Verpflichtung, ein Leben zu retten, die fast jedes andere Gebot übertrumpft. Der Talmud vertieft dies in Sanhedrin 90a, wo die Bewahrung des Lebens mit dem Fundament göttlicher Gerechtigkeit verbunden ist. Sowohl die islamische Sunna (göttlicher Brauch) als auch der jüdische Brit (Bund) beschreiben einen Gott, der sich an relationale Treue bindet, anstatt mit roher Gewalt zu handeln.

Ein katastrophales Eingreifen – das Auslöschen von Aggressoren in Massen – würde die moralische Ordnung, die Gott aufrechterhält, auflösen. Es würde den Schöpfer in das Chaos verwandeln, das er verabscheut. Stattdessen erklärt der Koran:

Wenn Allah die Menschen nicht durch einander in Schach hielte, wären Klöster, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen der Name Allahs viel erwähnt wird, zerstört worden.
- Al-Hajj 22:40

Gottes bevorzugter Modus ist nicht einseitige Vernichtung, sondern vermittelte Zurückhaltung – die einen durch die anderen in Schach zu halten. Dies ist das Paradoxon in Aktion: Allmacht, die freiwillig an Prinzipien gebunden ist.

Die christliche Tradition spiegelt dieses Prinzip göttlicher Konsequenz wider. In Gethsemane tadelte Jesus seine Jünger:

Stecke dein Schwert an seinen Platz zurück, denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.
- Matthäus 26:52

Macht, die an Prinzipien gebunden ist, nicht an rohe Rache.

Der Trost des Märtyrertums: Ein Horizont jenseits des Horizonts

Wo Menschen unwiederbringlichen Verlust sehen, enthüllt der Koran einen anderen Horizont:

Denkt nicht, dass diejenigen, die auf dem Weg Allahs getötet wurden, tot sind. Nein, sie sind lebendig bei ihrem Herrn, versorgt, sich freuend über das, was Allah ihnen aus seiner Gnade gegeben hat.
- Ali ’Imran 3:169–171

Dies ist kein Gemeinplatz, sondern eine eschatologische Trotzhaltung. Diejenigen, die ungerecht getötet wurden, sind keine Fußnoten der Geschichte, sondern Hauptakteure der Ewigkeit. Ihre Freude ist ein Vorwurf an ihre Mörder, ihre Erhöhung eine Rechtfertigung ihres Leidens.

Dieser Glaube hat den Widerstand von den frühesten Muslimen, die in Mekka verfolgt wurden, bis zum heutigen palästinensischen Sumud (Standhaftigkeit) genährt. In Gaza, wo Millionen vertrieben sind und Hungersnot die Überlebenden verfolgt, ist die Überzeugung, dass Märtyrer bei ihrem Herrn lebendig sind, kein Eskapismus, sondern Überleben. Sie verwandelt Trauer in Ausdauer, Trümmer in Altäre des Zeugnisses.

Dennoch tilgt das Versprechen des Korans nicht den menschlichen Schmerz. Familien weinen, Mütter klagen, Väter begraben ihre Kinder. Die erste Reaktion ist Trauer, Klage und Wut – weil Liebe der Trennung widersteht. Doch unter dem palästinensischen Volk verwandelt sich diese Trauer oft in etwas anderes: die Erkenntnis, dass ihre Liebsten weiteres Leiden in den Ruinen Gazas erspart blieben, die Akzeptanz von Gottes Willen und eine geduldige Hoffnung auf ein Wiedersehen im Jenseits.

Ihr Glaube formuliert den Tod nicht nur als Verlust, sondern auch als Befreiung – Befreiung von irdischer Qual und Befreiung in Gottes Barmherzigkeit. Aus diesem Grund hallen Beerdigungen in Gaza, obwohl sie von Tränen durchtränkt sind, auch von Rufen wie Allahu Akbar wider. Es ist zugleich Klage und Bestätigung: ein Volk, das sich entscheidet, darauf zu vertrauen, dass die Märtyrer nicht zerstört, sondern geehrt werden, nicht abwesend, sondern erwartet.

Auch dies ist Teil des Paradoxons: Während Gott sich weigert, sein Gesetz zu brechen, um das Morden zu stoppen, weigert er sich auch, seine Opfer dem Nichts zu überlassen.

Gottes moralische Reinheit: Das Echo ungesühnten Blutes

Eine weitere Dimension des Paradoxons ist die göttliche Reinheit. Indem Gott sich weigert, durch Töten einzugreifen, überlässt er die Schuld vollständig den Tätern. Jede abgefeuerte Kugel, jede abgeworfene Bombe, jedes verhungerte Kind – der Makel gehört allein ihnen.

Wer also ein Atomgewicht an Gutem tut, wird es sehen, und wer ein Atomgewicht an Bösem tut, wird es sehen.
- Al-Zalzalah 99:7–8

Heute ist Gazas Boden blutgetränkt, und der Schrei ist nicht die Stimme eines einzelnen Bruders, sondern von Hunderttausenden. Das Blut von 680.000 Unschuldigen schreit zu Gott aus Gazas Boden – so wie einst Abels Blut aus dem Boden zum Himmel schrie.

Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir aus dem Boden. Was hast du getan?
- Genesis 4:10

Am Tag des Gerichts wird der Körper selbst zum Ankläger und verrät seinen Besitzer:

An jenem Tag werden Wir ihre Münder versiegeln, und ihre Hände werden zu Uns sprechen, und ihre Füße werden Zeugnis ablegen von dem, was sie verdient haben.
- Yasin 36:65

Und was die Schuldigen erwartet, ist Qual ohne Erleichterung:

Er wird es in Schlucken trinken, aber es kaum schlucken können. Der Tod wird von überall zu ihm kommen, und doch wird er nicht sterben; und vor ihm wird eine gewaltige Strafe sein.
- Ibrahim 14:17

Der Talmud lässt keinen Zweifel:

Die Bösen… haben keinen Anteil an der kommenden Welt.
- Sanhedrin 90a

Über alle Traditionen hinweg ist das Urteil einhellig: Ein solches massenhaftes Abschlachten ist nicht nur eine Sünde, die in der Gehinnom gesühnt werden kann, sondern ein Missbrauch von Gottes Namen selbst. Es verletzt Pikuach Nefesh – das Gebot, das Retten von Leben zu priorisieren – und verhöhnt die Wahrheit, dass Menschen b’tselem elohim erschaffen wurden – im Bilde Gottes. Es ist offene Missachtung seiner Gebote und eine Entweihung, deren Konsequenz ewiger Ausschluss ist.

Die Verurteilung des Schweigens: Zuschauer als Mitverschwörer

Das Paradoxon erstreckt sich noch weiter: Gottes Weigerung, sein eigenes Gesetz zu brechen, bedeutet, dass die Welt geprüft wird und die Zuschauer entlarvt werden. Die Schrift verdammt nicht nur die Täter, sondern auch diejenigen, die sehen und nichts tun:

Wir haben für die Hölle viele der Dschinn und Menschen geschaffen. Sie haben Herzen, mit denen sie nicht verstehen, Augen, mit denen sie nicht sehen, und Ohren, mit denen sie nicht hören. Sie sind wie Vieh – nein, noch irregeleiteter. Das sind die Achtlosen.
- Al-A‘raf 7:179

Dies ist ein Donnerschlag gegen das „Vieh“ der Geschichte – Regierungen, die Waffenstillstände blockieren, Medien, die „beide Seiten“ gleichstellen, Bürger, die an Trümmern vorbeiscrollen. Neutralität angesichts eines Massakers ist Mittäterschaft.

Der Talmud sagt: kol Yisrael arevim zeh bazeh – „ganz Israel ist füreinander verantwortlich.“ Im Geiste ist dies universell: Die gesamte Menschheit ist durch Verantwortung verbunden. Schweigen ist keine Neutralität; es ist Verrat.

Das Allmachtsparadoxon in Gaza

Hier wird das Paradoxon schärfer: Gott ist allmächtig, doch er bindet sich an sein eigenes moralisches Gesetz. Er wird kein Töten begehen, um Töten zu stoppen. Er wird keine Ungerechtigkeit begehen, um Ungerechtigkeit zu stoppen. Stattdessen lässt er das menschliche Böse sich selbst entlarven – und bewahrt so seine moralische Reinheit für das endgültige Gericht.

Für die Märtyrer bedeutet dies Trost: Ihr Blut ist nicht verloren, sondern in Zeugnis und Ehre verwandelt. Für die Täter bedeutet es Verdammnis: Ihre Verbrechen schreien gegen sie, ihre eigenen Körper werden Zeugnis ablegen, und ihr Schicksal ist ewiger Ausschluss. Für die Zuschauer bedeutet es Entlarvung: Ihr Schweigen ist Mittäterschaft, ihre Neutralität Verdammnis.

Schlussfolgerung

Das Allmachtsparadoxon ist kein abstraktes Rätsel, sondern eine gelebte Realität in Gaza. Es zeigt uns, dass Gottes Macht nicht willkürlich, sondern prinzipientreu ist. Er hat Zurückhaltung gewählt, und in dieser Zurückhaltung liegt sowohl Trost für die Unschuldigen als auch Verdammnis für die Schuldigen.

Für die Täter werden ihre eigenen Körper gegen sie zeugen, ihre Qual wird endlos sein, ihre Verbrechen hallen von der Erde selbst wider. Für die Zuschauer ist Schweigen selbst Verdammnis. Für die Märtyrer gibt es Leben jenseits des Todes, Freude jenseits der Trauer.

Aus Gazas Trümmern erhebt sich kein Beweis für Gottes Abwesenheit, sondern eine doppelte Wahrheit: dass menschliche Grausamkeit real ist und dass göttliche Gerechtigkeit unausweichlich ist. Die Frage, die bleibt, ist, ob wir, die noch atmen, das Paradoxon erkennen – und nach dem Gesetz des Lebens leben, das Gott gesetzt hat: zu retten, anstatt zu töten.

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